Frank
Bergemann

 

 



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König Wilhelm I. von Preußen gab am 17. Juni 1869 dem damaligen Marine- Etablissement "Wilhelmshaven" seinen Namen.

Im Folgenden werden die Stationen seiner Reise von Berlin nach Wilhelmshaven und zurück nach Berlin (13. bis 20. Juni 1869) aufgezeigt.

 

Wilhelm I. wird am 22. März 1797 in Berlin als zweiter Sohn des späteren Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen und dessen Ehefrau Luise von Mecklenburg- Strelitz in Berlin geboren und in der militärischen Tradition Preußens erzogen.
Seit 1829 verheiratet mit Augusta von Sachsen- Weimar.
Am 23. Oktober 1857 übernimmt er zunächst als Stellvertreter und ab dem 7. Oktober 1858 als Regent die Regierungsgeschäfte für seinen erkrankten Bruder König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (* 1795 + 1861).
Nach dessen Tod wird er als Wilhelm I. König von Preußen.
1862 beruft er Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten und Außenminister von Preußen.
Am 18. Januar 1871 wird das Deutsche Kaiserreich proklamiert. Wilhelm I. wird Deutscher Kaiser. Am 9. März 1888 stirbt Wilhelm in Berlin.
Nachfolger wird sein Sohn Friedrich III. (* 1831 + 1888), der nach kurzer Regentschaft noch im selben Jahr verstirbt. Friedrichs Sohn, Wilhelm II. (* 1859 + 1941), übernimmt die deutsche und preußische Krone bis zum Ende der Monarchie im Jahre 1918.
Wilhelm I. (* 22.3.1797 + 9.3.1888)
Deutscher Kaiser (1871 - 1888)
König von Preußen (1861 - 1888)

Die Abreise aus Berlin mußte mehrmals verschoben werden. Sollte sie anfangs bereits am 23. Mai stattfinden, wurde aufgrund der Krankheit des Königs der Abreisetermin auf den 7. Juni verlegt. Der damals 72- jährige Monarch litt unter einer stärkeren Erkältung. Doch nicht nur die sich verzögernde Genesung Wilhelms I., sondern auch der bevorstehende Besuch des ägyptischen Vizekönigs in Berlin ließen den neuen Termin erneut verfallen.

Die Eröffnung des Zollparlaments, für den 3. Juni vorgesehen, ließ den Beginn der Reise weiter verzögern, wenn auch "Neue Hannoversche Zeitung" vom 1. Juni 1869 anderes berichtet:

"Die bevorstehende Eröffnung des Zollparlaments aber dürfte für den Reiseaufschub nicht maßgebend gewesen sein; denn so viel man hört, ist in der Bestimmung, daß dieser feierliche Akt durch den Grafen Bismarck erfolgen soll, eine Abänderung nicht getroffen"

Im Vorfeld der Reise fiel den Pressevertretern bei der Begrüßung des Vizekönigs von Ägypten am 7. Juni die augenscheinlich gute Gesundheit des Königs auf, so daß über einen baldmöglichen Reiseantritt spekuliert werden konnte. So die "Neue Hannoversche Zeitung" vom 10. Juni:

"Nach der Prov.- Correspondenz ist die Abreise des Königs nach Hannover jetzt auf Sonntag, den 13. d. [sic!] festgelegt."

Nach Antritt der Reise sollte den König sieben Tage aus preußens Haupstadt verabschieden. Am 20. Juni wurde Wilhelm I. wieder zurück in Berlin erwartet. Seine Reise führte ihn über Hannover, Bremen, Bremerhaven, Oldenburg, Heppens (Wilhelmshaven), Jever, Aurich, Emden, Leer, Bentheim, Osnabrück und Minden über Hannover zurück nach Berlin.

Stationen der Fahrt :

König Wilhelm trat die Reise u. a. in Begleitung seines Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers des Norddeutschen Bundes, Otto von Bismarck, und der Generäle von Moltke und von Roon am Morgen den 13. Juni 1869 von Berlin aus an.

13. Juni

um 15 Uhr begann die Reise nach Hannover; Ankunft am Abend in der Stadt

14. Juni

morgens um 10 Uhr hielt Wilhelm I. eine große Parade auf dem Waterlooplatz ab

 

13.30 Uhr: Besuch der Blindenanstalt

 

nachmittags wohnte er einer Festvorstellung im königlichen Theater bei, danach suchte er das Tivoli- Etablissement auf

15. Juni

8 Uhr: Abreise nach Bremen; Ankunft um 11 Uhr

 

um 11.30 Uhr Empfang im Hause des ehemaligen Bürgermeisters Meier, danach Weiterreise nach Bremerhaven

 

13.40 Uhr: Ankunft in Geestemünde, Frühstück und Empfang auf dem großen Dampfer des norddeutschen Lloyd "Deutschland", danach Verabschiedung der Schiffe "Germania" und "Hansa" zur Nordpolexpedition

 

gegen 16 Uhr erfolgte die Rückreise nach Bremen, an die sich eine Stadtrundfahrt anschloß.

 

Um 18.30 Uhr nahm der König das Abendessen im Rathaus ein. Danach und nach einer kurzen Besichtigung des Rathauses besuchte der König den zu einem Festsaal umgestalteten großen Saal der neuen Börse und verweilte dort bis Mitternacht.

16. Juni

um 8.30 Uhr hielt Wilhelm I. eine Parade vor dem Domshof ab und reiste um 9 Uhr nach Oldenburg ab

 

10 Uhr: Ankunft in Oldenburg

 

um 12 Uhr wurde zu seinen Ehren eine Parade auf dem Exerzierplatz zu Donnerschwee abgehaltennachmittags Galadiner im großherzoglichen Schloßabends Soirée bei der Königin von Griechenland, danach großer Zapfenstreich auf dem Schloßplatz

 

 

Der König in Heppens

Heppenser Courier vom 16. Juni 1869

17. Juni

10 Uhr Abreise mit dem Sonderzug nach Heppens

 

um 11 Uhr Ankunft in Heppens.

"Der heutige Tag war für Heppens jedenfalls der bedeutendste und bedeutungsvollste, denn zur großen Freude der Bewohner des Jadegebietes traf Se. Majestät der König von Preußentum 11 Uhr Morgens von Oldenburg im Jadegebiete ein. Wochenlang war bereits an der Ausschmückung des Hafens, sowie des Stadtgebietes gearbeitet worden, und noch am Mittwoch Abend wurde alles trotz des ungünstigen Wetters glücklich und geschmackvoll zum Abschlusse gebracht.

Das glänzende Gefolge des Königs traf theils mit Ihm, theils schon Tags vor Ihm hier ein; der Bahnhof war festlich mit Guirlanden und Flaggen geschmückt. Sehr hübsch war das an der einen Seite der Chaussee aufgestellte Tableau, dessen oberer Theil den Adler mit dem Emblem des Krieges und der Inschrift: "Heil dem ritterlichen Könige" zeigte."

(so der "Heppenser Courier" vom 19. Juni 1869)

Mit der Pferdekutsche fuhr der König in Begleitung u. a. der Großherzöge von Oldenburg und Mecklenburg- Schwerin, der Prinzen Adalbert von Preußen und Elimar von Oldenburg, des Bundeskanzlers von Bismarck und der Generäle von Moltke und von Roon zur Spitze des Vorhafens.

Großherzog Nikolaus Friedrich Peter (1827 - 1900) Otto von Bismarck (1815 - 1898)
Großherzog Nikolaus Friedrich Peter
von Oldenburg
* 8.7.1827 + 13.6.1900
Reg. 1853 bis 1900
  Fürst Otto von Bismarck
* 1.4.1815 + 30.7.1898
Preußischer Ministerpräsident (1862 - 1890)
Reichskanzler (1871 - 1890)

Die "Neue Hannoversche Zeitung" berichtete über das Ereignis:

"Heppens, denn so muß ich es in der Erzählung noch nennen, war reich beflaggt, und drei prachtvolle Ehrenpforten bildeten sehr effectvolle Abschnitte in der Ausschmückung des Ganzen. Der feierliche Act ging auf der äußersten Spitze der Mole, von der man einen prachtvollen Blick auf den Jadebusen hatte, vor sich; der Marineminister v. Roon gab in seiner ehrfurchtsvollen Anrede an den König einen Überblick des Geschaffenen, und hob mit beredten Worten die Bedeutung des Hafens hervor, des ersten deutschen Kriegshafens, der berufen sei, die deutsche Marine zu schützen, aber auch ihr Gelegenheit zur weiteren Entwicklung zu geben."

und weiter

"Es war ein erhabener, tief ergreifender, seltener Moment, unvergeßlich für alle Diejenigen, welche das Glück hatten, der Feier in nächster Nähe beiwohnen zu dürfen. Hier auf diesem Fleck, von dem man hinaus in die wogende Nordsee blickte, standen die Fürsten und Männer, denen Deutschland seine jetzige Macht und Größe verdankt, stand der ritterliche König Wilhelm, der Regenerator Deutschlands und sein Schirmherr; ihm zur Seite zwei Fürsten, die zur Förderung der nationalen Sache von Anfang an Viel beigetragen hatten, und Männer, wie Graf Bismarck, v. Roon, v. Moltke, Männer, deren Name die Geschichte stets als die getreuesten Stützen König Wilhelms´s nennen wird. Ein tiefer feierlicher Ernst ruhte auf allen Antlitzen - Jeder fühlte die weltgeschichtliche Bedeutung des eben vollendeten Actes."

nach der Namensgebung wurde der König auf einer Jolle zum eigens für den Festakt erschienenen englischen Kriegsschiff "Minotaur" gerudert, das er eine halbe Stunde lang besuchte. Wieder an Land begutachtete er die Neubauten des künftigen Hafens und der Werft

Danach wurde im festlich geschmückten großen Werftschuppen das Diner eingenommen.

"Vor dem Eingange des Schuppens waren Rasenanlagen, welche im Verein mit den vielen darüber wehende Flaggen und dem in der Mitte der Anlagen angebrachten sechsstrahligen Springbrunnen einen prächtigen Eindruck machten."

("Heppenser Courier" vom 23. Juni 1869)

während des Essens nahm der König verschiedene Ordensverleihungen vor.

Um 16.30 erschien der König zur Grundsteinlegung der Elisabethkirche an der Baugrube:

Einweihung der Elisabethkirche am 17. Juni 1869

Einweihung der Elisabethkirche (heute: Christus- und Garnisonkirche) am 17. Juni 1869 durch König Wilhelm I.

"Unter lautem Zujauchzen der harrenden Menge betraten Se. Majestät und Gefolge den festlich geschmückten Bauplatz, das dort aufgestellte Militair salutirte und das Musikcorps des preußischen Ostsee- Geschwaders spielte das Triumphlied der evangelischen Kirche: "Ein` feste Burg ist unser Gott"".

(Heppenser Courier vom 23. Juni 1869)

nach einer langen Rede des Pastors Langheld aus Heppens wurde die Urkunde für die Gründung der Kirche durch den Geheimen Admiralitätsrat Jacobs verlesen und der Einsatzkasten mit der Urkunde, verschiedenen Abbildungen der Kirche, eines Bandes des Staatsarchivs und den damals gültigen preußischen Münzen in den Grundstein eingesetzt.

Pastor Carl Langheld

Carl Langheld (1836 - 1895)
ab 1864 Pfarrer in Heppens, ab 1872 erster Marinepfarrer in Wilhelmshaven

"Nach Verschluß des letzteren wurde die Grundsteinlegung durch die drei üblichen Hammerschläge von Seiten Sr. Majestät, jedem Einzelnen des Gefolges, sowie des Predigers und des Baumeisters beendigt."

(Heppenser Courier vom 23. Juni 1869)

 

Von dort aus ging es direkt über Sande und Jever in einem offenen, vierspännigen Postwagen nach Aurich

nach der Abreise des Königs feierten die höheren Beamten den "Geburtstag" Wilhelmshavens.

In Jever wurde ein kurzer Halt gemacht, um die Pferde zu wechseln.

Ankunft in Aurich, abends Souper im landschaftlichen Hause mit den Mitgliedern der Landschaft

18. Juni

9 Uhr: große Parade zu Ehren des Königs auf dem Ellernfelde

 

um 10 Uhr erfolge die Abreise in Richtung Emden

 

kurz vor 12 Uhr: Ankunft in Emden. Nach einer Rundfahrt durch die Stadt, besichtigte der König das 78. Infanterie- Regiment.

 

Um 15.30 Uhr machte man sich auf den Weg zum Dollart, um auf dem Raddampfer "Wilhelm I.", gefolgt von den Dampfern "Kronprinz" und "Kronprinzessin" eine einstündige Seereise zu unternehmen.

 

Um 18 Uhr wurde im Emdener Rathaus das Diner eingenommen. Danach großer Zapfenstreich vor der Hauptwache.

19. Juni

morgens Weiterreise nach Leer.

 

Ankunft um 9.30 Uhr. Nach einer kurzen Stadtrundfahrt, setzte sich der König mit seinem Gefolge um 10.45 Uhr weiter per Eisenbahn in Bewegung in Richtung Osnabrück. Auf dem Weg dorthin passierte er mit kurzen Aufenthalten Papenburg, Meppen und erreichte um

 

12.30 Uhr Lingen, wo er ca. 20 Min. verweilte.

 

in Salzbergen wurde der König von dem Fürsten von Bentheim- Steinfurt mit dessen Söhnen empfangen. Im Kurhaus wurde diniert. Im Gefolge des Königs befanden sich u. a. noch der Großherzog von Mecklenburg- Schwerin, Bundeskanzler Graf Bismarck und der Oberpräsident Graf Stollberg (Neue Hannoversche Zeitung v. 22.6.1869). Nach 45 Minuten wurde die Tafel aufgelöst und der König kehrte in einer offenen Pferdekutsche durch die Stadt Bentheim zurück zum Bahnhof Salzbergen

 

18.30 Uhr: Ankunft in Osnabrück, danach Parade auf dem Exerzierplatz.

 

19 Uhr Diner im Schloß.

 

22 Uhr Gesellschaft im Schützenhof.

20. Juni

morgens Gottesdienst in der Marienkirche, danach Spazierfahrt durch die Stadt und Besichtigung der "Irrenanstalt".

 

14 Uhr Diner im Friedenssaal.

 

16 Uhr Abreise in Richtung Hannover.

 

18.35 Uhr Ankunft in Hannover, Weiterreise nach Berlin.

 

23.45 Uhr Ankunft in Berlin.